Zigarrenrohtabak
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Der Minutengenuss - die Zigarette als Massenprodukt

1862 öffnete in Dresden die erste Zigarettenfabrik in Deutschland ihre Pforten, 1865 folgte die erste in Österreich. Einige Jahre zuvor, 1854 wurde das erste Unternehmen zur Herstellung von Tabakverarbeitungsmaschinen für das Schneiden, Zerfasern, Trocknen und Rösten von Blättern in Köln-Sülz gegründet, die Maschinenfabrik Wilhelm Quester. Es folgten Maschinen zur Herstellung von Papierhülsen und kurz danach solche zum Stopfen der vorfabrizierten Hülsen.

Doch noch in der Zeit um den Ersten Weltkrieg wurde ein großer Teil der Zigaretten in meist weiblicher Handarbeit hergestellt. In großen Sälen saßen hunderte von Arbeitskräften, die täglich jeweils zwischen 1800 und 2000 Zigarettenhülsen im Akkordlohn stopften. Auf eine zylindrische Lehre aus Pergament, in die die manuell dosierte Menge Tabak eingefüllt worden war, wurde die Hülse gesteckt, mit einem Stäbchen der Pergamentrohr-Inhalt in die Hülse gedrückt und an beiden Enden abgeschnitten. Erste Zigarettenmaschinen ahmten diesen Stopfvorgang nach, blieben jedoch nur mäßig produktiv. Erst die Verkehrung des Montagevorganges, zuerst der Strang, erst danach das Papier, bewirkten den entscheidenden Sprung.

Der US-Amerikaner James Bonsack meldete 1881 eine erste Maschine zum Patent an, die nach dem "Strangsystem" arbeitete. Ein unendlicher, feingeschnittener Tabakstrang wurde gleichmäßig durch eine Maschine geführt, die das vorgefertigte Papier im selben Tempo um denselben hüllte und befestigte. Die deutsche Firma Schilling & Brünning erwarb die Bonsack-Rechte zuerst für Deutschland. Diese hochkomplexen Maschinen funktionierten - ähnlich wie in der Baumwollspinnerei die Feinspinnmaschinen - nur dann ausreichend gut, wenn das Rohprodukt ausgiebig vorbearbeitet wurde. Klima-Anlagen, Löse- und Mischmaschinen, präzise, in jahrelanger Kleinarbeit entwickelte Schneidemaschinen, Förder- und Reinigungsanlagen erzeugten einen Feinschnitt in einer Qualität, die es ermöglichte, daraus maschinell einen einheitlichen Tabakstrang zu bilden. Um 1900 lieferte eine durchschnittliche Bonsackmaschine an die 50.000 bis 60.000 filterlose Zigaretten täglich. Die Stückzahlen gingen mit dem Ersten Weltkrieg massiv in die Höhe, da die "Nervennahrung" Zigarette, der rasche "Minutengenuss" das der Front angemessene Konsumerlebnis darstellte. In vielen Fällen gewöhnten sich Männer als Soldaten das Rauchen auch erst richtig an. Dementsprechend verlor das Statussymbol Zigarre in den zwanziger Jahren zugunsten der "proletarischen" Zigarette rasch an Terrain und dieser Prozeß machte die teuren Investitionen in Maschinenanlagen erst richtig rentabel. Jetzt erst begann der entscheidende Maschinisierungsschub. War die Zigarette bis dahin ein Serienprodukt, wurde sie aufgrund der vollständigen Mechanisierung aller vorbereitenden Produktionsschritte, der Einzelteile Tabakstrang und Papier sowie des Montagevorganges selbst allmählich zum Massenprodukt. Bereits zur Zeit des Zweiten Weltkrieges wurden tägliche Stückzahlen von 700.000 Stück erreicht, die heute noch deutlich höher liegen.

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